Zusammenfassung des 5. Kapitels der OECD Studie, Aufteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit unter Partnern

Das vorletzte Kapitel der OECD Studie beschäftigt sich mit dem spannenden Thema der Aufteilung von unbezahlter Arbeit zwischen Partnern, denn „im Durchschnitt widmen in einer Partnerschaft lebende Frauen unbezahlter Arbeit doppelt so viel Zeit wie in einer Partnerschaft lebende Männer.“ [1] Die Gründe hierfür sind unterschiedlich und die prozentualen Unterschiede in den OECD Ländern variieren stark. „So verbringen in Korea  Männer, die in einer Partnerschaft leben 19% ihrer Zeit mit unbezahlter Arbeit, in Norwegen sind es indessen 82 %.“[2] <Anmerkung: Entweder ist die Formulierung nicht korrekt oder die Zahl stimmt nicht. Norwegische Männer werden sicherlich auch mal schlafen und sie arbeiten auch; d.h. sie können nicht 82% ihrer Zeit mit unbezahlter Arbeit verbringen.>

Zu den am häufigsten identifizierten Merkmalen von Paaren, die die Aufgaben ausgewogen oder ausgewogener aufteilen, zählen:

  • Unverheiratete Paare, die in einer Lebensgemeinschaft leben. Sie teilen die Aufgaben partnerschaftlicher als verheiratete Paare. Verheiratete Paare, die zunächst in einer Lebensgemeinschaft gelebt haben, teilen ihre Aufgaben ebenfalls gleichmäßiger auf.
  • Je mehr Zeit die Frau in einem Doppelverdienerhaushalt mit bezahlter Arbeit verbringt, desto partnerschaftlicher teilen solche Paare die Hausarbeit. Zu dieser Konstellation kommt es in erster Linie dadurch, dass Frauen ihre unbezahlte Arbeit reduzieren da sich der Zeitaufwand der Männer für unbezahlte Arbeit mit der Erwerbstätigkeit der Frau, wenn überhaupt, nur geringfügig verändert.
  • Ein höheres relatives Einkommen der Frauen geht mit einer partnerschaftlicheren Aufteilung der Hausarbeit einher. Dennoch besteht zwischen den relativen Erwerbseinkommen und der Aufteilung der Hausarbeit kein proportionaler Zusammenhang, und es sind Belege dafür vorhanden, dass Frauen in Paaren, in denen sie mehr verdienen als der Mann, weiterhin einen größeren Teil der Hausarbeit übernehmen.
  • Paare mit hohem Bildungsniveau orientieren sich weniger an traditionellen Normen und teilen die Hausarbeit und/oder Kindererziehung partnerschaftlicher auf.
  • Die Geburt von Kindern ist einer der Hauptgründe für die ungleiche Arbeitsaufteilung in Familien - kinderlose Paare teilen die Aufgaben deutlich ausgewogener auf als Paare mit Kindern. Mit der Elternschaft gehen viele Paare (oft unfreiwillig) zu einer (stärker) traditionellen Aufteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit über.
  • Bei Paaren mit geschlechtergerechteren  Einstellungen ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie die unbezahlte Arbeit gleichmäßiger aufteilen.[3]

 

In der Fachliteratur wird die Elternschaft als entscheidende Phase bezeichnet, da sie der Moment im Leben ist, der die künftige Erwerbskonstellation und Aufteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit der Paare bestimmt. So kann ein unzureichendes öffentliches Angebot wie beispielsweise zu wenig Kinderbetreuungsplätze und unflexible Arbeitszeiten Paare entmutigen oder von der partnerschaftlichen Aufgabenteilung in ihrem gemeinsamen Leben abhalten. Laut Studie begünstigen beispielsweise die Vätermonate in der Elternzeit eine partnerschaftliche Aufteilung der Aufgaben.[4]

 

Nicht vermutet hätte ich, dass der geringere zeitliche Umfang mit unbezahlter Arbeit   nur für Männer in einer Partnerschaft gilt. Denn Studien zeigen, dass höhere Erwerbstätigenquoten der Frauen mit einem stärkeren Engagement der Männer in unbezahlter Arbeit einhergehen. „Die Zeit, die alleinstehende Männer mit unbezahlter Arbeit verbringen, nimmt mit steigender Erwerbstätigenquoten der Frauen zu. Als mögliche Erklärungsfaktoren werden Geschlechternormen oder die Verbesserung der Chancen dieser Männer am Heiratsmarkt angeführt.“[8]>

Eigenartig ist, dass Frauen mit einem höheren Einkommen als ihre Partner, nicht weniger unbezahlte Arbeit leisten. Das Ergebnis steht im Widerspruch zu Wirtschaftstheorien, denen zufolge das Erwerbseinkommen und/oder das Verdienstpotenzial der Partner der ausschlaggebende Faktor für die Aufteilung der unbezahlten Arbeit ist.[9] Bekräftigt wird hierdurch „das „Doing gender"-Argument, wonach Männer und Frauen bestrebt sind, gesellschaftliche Geschlechternormen einzuhalten, denen zufolge Frauen traditionelle Frauenaufgaben übernehmen, wie Hausarbeit und Kindererziehung, und die Männer traditionelle Männertätigkeiten ausüben, wie Erwerbstätigkeit.“[10] Paare mit hohem Bildungsniveau vertreten mit größerer Wahrscheinlichkeit geschlechtergerechte Einstellungen und teilen die Aufgaben partnerschaftlicher. Bildung kann als ein wichtiges Instrument für die Herbeiführung von Einstellungs- und Verhaltensänderungen angesehen werden — dabei setzen Personen mit hohem Bildungsniveau häufig den Trend für solche Veränderungen, bevor sie vom Rest der Gesellschaft übernommen werden.[11] „Zudem ist die Geschlechterdifferenz bei der unbezahlten Arbeit unter in einer Partnerschaft lebenden Männern und Frauen mit höheren Haushaltseinkommen geringer. In einer Partnerschaft lebende Frauen in den obersten 30% der Haushaltseinkommensverteilung leisten weniger unbezahlte Arbeit als Frauen in finanziell weniger gut situierten Haushalten in den unteren 30% der Verteilung. In einer Partnerschaft lebende Männer in Haushalten der hohen Einkommensschicht verwenden genauso viel oder mehr Zeit auf unbezahlte Arbeit wie Männer in Haushalten mit geringerem Einkommen. Erwartungsgemäß sind Paare mit höherem Haushaltseinkommen in allen Ländern mit größerer Wahrscheinlichkeit hochqualifiziert und Doppelverdiener, so dass sie mehr Zeit in Erwerbsarbeit verbringen als Paare mit niedrigem Einkommen.“[12] Paare, die in ihrem Land in den oberen 30% der Haushaltseinkommensverteilung liegen, lagern die Hausarbeit möglicherweise aus und/oder stellen Personen ein, die sie für sie erledigen. Und/oder schaffen sich mehr zeitsparende elektronische Geräte an. „Heisig (2011) zeigt beispielsweise, dass reichere Haushalte in 33 Ländern weniger Zeit mit Hausarbeit verbringen und vertritt die Auffassung, dass die Automatisierung der Arbeit im Haushalt bei der Reduzierung des Zeitaufwands für Hausarbeit eine besonders wichtige Rolle spielt.“[13] <Anmerkung: Vielleicht sollte Herr Seehofer den Familien lieber Saugroboter als Kinderwägen zur Verfügung stellen😊> http://www.focus.de/politik/deutschland/parteien-schwesig-stellt-plaene-fuer-familienarbeitszeit-vor_id_6879383.html.

 

„Nichterwerbstätige oder arbeitslose, in einer Partnerschaft lebende Frauen leisten in allen Ländern, außer Norwegen, mehr unbezahlte Arbeit als erwerbstätige Frauen. Und obwohl in einer Partnerschaft lebende Frauen weniger Zeit mit unbezahlter Arbeit verbringen, je mehr bezahlte Arbeit sie leisten, nimmt ihr unbezahlter Arbeitsaufwand nicht proportional zur Länge ihrer Arbeitswoche ab. Im Vergleich zu in einer Partnerschaft lebenden Frauen verändert sich der in der Regel geringere unbezahlte Arbeitszeitumfang von in einer Partnerschaft lebenden Männern mit der Länge der Arbeitswoche weit weniger stark.“[1] In keinem der OECD Länder ist der Anteil der unbezahlten Arbeit der in einer Partnerschaft lebenden Frauen in Paaren mit identischer Erwerbsstundenzahl proportional geringer. In Vollzeit-Doppelverdienerhaushalten teilen die Partner die Hausarbeit zwar ausgewogener auf, sind aber immer noch weit von einer gerechten 50-50-Aufteilung entfernt. Der Frauenanteil an der Hausarbeit reicht von 62% in Deutschland bis 88% in Korea. „In Paaren mit stärkerer Frauenerwebsbeteiligung am Arbeitsmarkt , wird die unbezahlte Arbeit ausgewogener aufgeteilt. Der Hauptgrund hierfür besteht aber darin, dass in einer Partnerschaft lebende Frauen und Doppelverdienerpaare insgesamt weniger unbezahlte Arbeit leisten, und nicht darin, dass in einer Partnerschaft lebende Männer mehr unbezahlte Arbeit übernehmen.“[2] <Anmerkung: Diese Aussage ist konträr zu folgender: „In Ländern mit höherer Frauenerwerbstätigkeit übernehmen in einer Partnerschaft lebende Männer etwas mehr unbezahlte Arbeit. In Norwegen, Finnland und Frankreich teilen in einer Partnerschaft lebende Männer und Frauen die bezahlte und unbezahlte Arbeit gleichmäßig(er) untereinander auf als in den anderen acht untersuchten Ländern. Alle drei Länder weisen ein breites Spektrum an staatlichen Maßnahmen auf, die die Aufgabenteilung begünstigen, wie Elternzeit und/oder ein gutes Kinderbetreuungsangebot. Zudem herrscht in diesen Ländern eine  geschlechtergerechtere Einstellungen.[3] Vermutlich kommt es hier auf das kleine Wort „etwas“ an; der Leser wird jedoch durch diese nicht aufeinanderfolgenden und leicht abgeschwächten Aussagen irritiert und mich würde interessieren, welche genauen Definitionen die OECD den Begriffen „leicht, ein wenig oder etwas“ zuordnet.

 

Junge Eltern teilen sich die Arbeit traditioneller auf als Paare ohne Kinder. In einer Partnerschaft lebende Väter verbringen täglich zwischen 8 und 28 Minuten mehr in bezahlter Arbeit als in einer Partnerschaft lebende Männer ohne Kinder. „Unter in einer Partnerschaft lebenden Frauen ist der Unterschied in der Erwerbsarbeitszeit erheblich größer, wobei sich Mütter häufig ganz oder teilweise vom Arbeitsmarkt zurückziehen. Die größten Unterschiede zwischen in einer Partnerschaft lebenden Frauen mit und ohne Kinder sind in Österreich und Deutschland festzustellen (203 bzw. 135 Minuten pro Tag), wohingegen der Unterschied in Norwegen nur 15 Minuten pro Tag beträgt.“[14]

Die Ergebnisse zeigen, dass der Übergang zur Elternschaft ein kritischer Zeitpunkt ist, der maßgeblich darüber entscheidet, ob Paare die bezahlte und unbezahlte Arbeit weiterhin teilen werden. Anmerkung: Hier fehlt mir die Betrachtung der Eltern mit schulpflichtigen Kindern. Eltern, die sich die Arbeit mit kleinen Kindern noch partnerschaftlich aufteilen, da sie z.B. gute Kinderbetreuungsmöglichkeiten haben, fallen mit Schuleintritt der Kinder häufig wieder in traditionelle Rollen zurück, da aufgrund schlechter nachschulischer Betreuungsmöglichkeiten insbesondere die Mütter ihre Arbeitszeit reduzieren.

 

Die Elternzeit, insbesondere die für Väter reservierten Monate sind eine wichtige Politikmaßnahme für eine partnerschaftliche Aufteilung der Aufgaben. In einer Studie wurden die anhaltenden mittelfristigen Effekte der Elternzeit auf Paare in Deutschland und insbesondere Elterngeldväter, auch nach Ablauf der Elterngeldmonate, analysiert. „Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass in Paaren, die sich die Elterngeldmonate partnerschaftlicher aufteilen, die Väter mit größerer Wahrscheinlichkeit während der Elterngeldmonate und auch im Anschluss daran Teilzeit arbeiten. Väter, die mindestens drei Elterngeldmonate in Anspruch nehmen, beteiligen sich in der Regel partnerschaftlicher an Hausarbeit. Ihren Angaben zufolge hat sich auch die Beziehung zu ihren Kindern intensiviert, und diese Intensität der Vater-Kind-Beziehung bleibt über diese Phase hinaus bestehen. Väter mit mindestens drei Elterngeldmonaten — und insbesondere Väter, die ihre Arbeitszeit nach der Phase der Väterzeit reduziert haben — gaben indessen an, davon überzeugt zu sein, dass ihre Karriere darunter gelitten habe oder wahrscheinlich darunter leiden werde.“[15] Anmerkung: Hier hätte ich mir mehr Informationen gewünscht, warum Väter Karriereeinbußen hinnehmen müssen. Zudem fehlt mir hier auch eine Empfehlung an die Politik. Wie sollen Väter unter diesen Voraussetzungen ermutigt werden, (längere) Elternzeit zu nehmen?

Bildung leistet in der Mehrzahl der elf Länder, für die Zeitverwendungsdaten analysiert wurden, einen wichtigen Beitrag zu einer partnerschaftlicheren Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit. Paare mit hohem Bildungsniveau sind mit größerer Wahrscheinlichkeit Doppelverdiener, und sie teilen die unbezahlte Arbeit im Allgemeinen ausgewogener auf als Paare ohne Hochschulqualifikation. Väter in Paaren mit hohem Bildungsniveau beteiligen sich in der Regel stärker an Kinderbetreuungsaktivitäten als Väter in Paaren, die über ein geringeres Bildungsniveau verfügen. Während jedoch Väter in Paarfamilien einen größeren Teil ihrer Kinderbetreuungszeit mit qualitativ hochwertigeren Aktivitäten der Kinderbetreuung als Mütter verbringen, übernehmen hingegen in einer Partnerschaft lebende Männer mit geringerer Wahrscheinlichkeit die Pflege anderer Erwachsener im Haushalt als in einem Paarhaushalt lebende Frauen. Mütter, und insbesondere Mütter mit Säuglingen, verwenden oft mehr Zeit auf Tätigkeiten, die zur Körperpflege gehören.[16]

Neben dem Aspekt der Bildung und der Elternzeit sieht die Studie Steuermodelle als Einflussmöglichkeit für mehr Partnerschaftlichkeit. „Die Steuer- und Transfersysteme bieten Eltern ebenfalls bedeutende finanzielle Anreize, Doppelverdienerpaare zu bleiben und nicht zum traditionellen Modell des männlichen Alleinverdieners zurückzukehren.“[17] <Anmerkung: An dieser Stelle kann wohl nicht Deutschland mit seinem Doppelbesteuerungsmodell gemeint sein. Im ersten Kapitel hatte die Studie genau dieses ja schon als genaues Gegenteil erklärt.>

 

[1] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 179

[2] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 179

[3] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 180

[4] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 181

[5] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 182

[6] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 202

[7] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 185

[8] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 181

[9] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 184

[10] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 185

[11] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 187

[12] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 188

[13] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 188

[14] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 193

[15] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 194

[16] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 201

[17] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 193