„Perfekt abgestimmt – Führungskräfte zwischen Karriere und Familie“

Fast 100 Führungskräfte von Fraport und weiterer DAX und M-DAX Unternehmen kamen am 28.11.2017 zusammen, um im Rahmen einer Konferenz zum Thema Vereinbarkeitskultur zu Beruf und Familie in Unternehmen, miteinander über entsprechende Handlungsfelder zu diskutieren. Ziel war es, gemeinsam mit Vertretungen der Bundespolitik,  Unternehmensstrategen, Wissenschaft und Wirtschaft,  den Weg zu bereiten, für eine moderne, den Anforderungen von Gesellschaft und Unternehmen gerecht werdende, Ausrichtung der Unternehmenskultur.

Michael Müller, in seiner Rolle als Regionalbotschafter Hessen für das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“, das vom Bundesfamilienministerium und der DIHK gesteuert wird, lud die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Austausch ein. Nach Keynotes von Dr. Sonnenschein, Geschäftsführer einer der bekanntesten Unternehmensberatungen Deutschlands, AT Kearney, mit wichtigen Impulsen für die Zukunft, und Volker Baisch, Geschäftsführer der Väter GMBH Deutschland, der die Sichtweise der modernen Väter anbrachte, gab es noch eine Einschätzung des Themas aus Sicht der Politik. Die Aufgabenleiterin „Familie“ Petra Mackroth, die seit Jahren das Thema „Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ begleitet, nahm die Rückmeldungen der Wirtschaft, aber auch Signale von Beschäftigten mit Familienpflichten auf. Ganztagesbetreuung und mehr Zeitsouveränität, wie auch der gesetzliche Anspruch auf „Home Office“ waren einige Themen, die angesprochen wurden.

Das Format der Konferenz ermöglichte es vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sich aktiv einzubringen. In einer Talk-Runde gab es „Best-Practice-Beispiele“ von Daniela Karden, Talent Management und Diversity, Bosch und eine wissenschaftliche Einordnung des Themas durch Frau Dr. Junker, Lehrstuhl Sozialpsychologie, Goethe Universität Frankfurt.

Im Rahmen von Thementischen wurden abschließend intensiv Themen besprochen, wie beispielsweise Top-Sharing, Aushandlungsprozesse, Telearbeits-Regelungen, Führung in reduzierter Vollzeit. Impulse von Adidas, Vodafone, Lufthansa, SAP, sowie weiterer Expertinnen und Experten ermöglichten einen intensiven Austausch. Nadja Alber war als Impulsgeberin eingeladen und moderierte sehr gelungen und ergebnisreich gemeinsam mit einem Manager von Fraport eine der sechs Themeninseln.

Die Rückmeldung zur Veranstaltung war sehr positiv. Klar war, dass der Weg zu einer neuen Vereinbarkeitskultur lang und steinig ist. Aber, dass alle Beteiligten an dieser Ausrichtung festhalten wollen war erklärtes Ziel aller.

 

Nadja Alber auf dem Podium bei den Frauenwirtschaftstagen 2017 in Baden-Baden

Unter dem Thema Chancen durch Digitalisierung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fand am 21.10.2017 die Veranstaltung im Rathaus Baden-Baden statt.
Margret Mergen, Oberbürgermeisterin Baden-Baden, begrüßte die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Vormittags.
Die Veranstaltung bot neben einem Impulsvortrag von Frauke Goll, Leiterin DIZ Digitales Innovationszentrum FZI Forschungszentrum Informatik, Karlsruhe eine Diskussionsrunde zum Thema „Ist Digitalisierung mehr als Homeoffice?“, zu der Nadja Alber eingeladen war, Informationen rund um den Themenkomplex Arbeiten 4.0 mit dem Schwerpunkt auf der Nutzung der in der Familienzeit erworbenen Kompetenzen.

Mehr dazu unter: Frauenwirtschaftstage in Baden-Baden

Individualität und eigene Entscheidungen von Familien sollten mehr Berücksichtigung finden

-        Fazit zur OECD Studie "Dare to Share" -

Die Studie ist wahrlich keine gut zu lesende Lektüre. Dies liegt zum einen an mehrfachen Dopplungen und sich teilweise widersprechenden Aussagen. Ich vermute, dass die einzelnen Kapitel von unterschiedlichen Autoren verfasst wurden und mir scheint, diese waren untereinander nicht gut abgestimmt. Vielleicht sollten die häufigen Wiederholungen auch dazu dienen, den Leser in einem neuen Kapitel „abzuholen“, so dass auch das Lesen eines einzelnen Kapitels Sinn macht. Dies wird jedoch nirgends erwähnt und sollte es die Intention der Verfasser gewesen sein, ist diese leider nicht geglückt. Vielmehr wird das Lesen erschwert und der Leser zunehmend entnervt.

Wissenschaftlich gesehen finde ich es besonders problematisch, dass in der Studie mit vagen Aussagen wie ein nicht unerheblicher Teil, verbreitet, im Durchschnitt, relativ lange, relativ kurze gearbeitet wird, statt mit für sich sprechenden Zahlen. Hinzu kommt, dass thematisch passende Thesen nicht zusammenhängend dargestellt sondern über etliche Kapitel verteilt werden. Mir scheint es, als werden bestimmte Angaben an Stellen gemacht (oder eben nicht), um gewünschte Wirkungen zu erzielen. Es bleibt ein fader Beigeschmack, dass der Leser verwirrt oder beeinflusst werden soll. Dieser wird verstärkt, da die Studie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bezuschusst wurde. Wie bereits zu Beginn der Studie erwähnt, soll der Bericht „die Bundesregierung bei ihren Anstrengungen zur Förderung von mehr Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf unterstützen.“ Gerade deswegen sollte eine wissenschaftlich fundierte Studie alle (nicht) vorhandenen Maßnahmen kritisch beleuchten und die Kritik auch mittels Daten belegt werden. Dies fehlt mir hier leider. Hingegen werden teilweise Empfehlungen gemacht, mit denen sich die Studie merkwürdigerweise inhaltlich nur mit ganz wenigen Sätzen befasst oder gar kaum auseinandersetzt (Bsp.: Die Empfehlung auf einen Anspruch auf Rückkehr in Vollzeit oder die außerschulische Betreuung für Kinder im Grundschulalter).

Ich hatte mir einige neue Impulse, Zahlen, Daten und Fakten erhofft. An mancher Stelle wurde meine Neugier zwar geweckt, jedoch fehlten dann weitere Erläuterungen oder Zahlen, um die sich mir ergebenden Fragen nach dem „warum“ zu beantworten.

Beispielhaft sei hier erwähnt:

-        „In den neuen Bundesländern hat sich der Anteil der Teilzeitbeschäftigung unter den erwerbstätigen Müttern zwischen 1995 und 2012 fast verdoppelt, von 23% auf 44%.“ Das ist eine interessante Tatsache, da doch das öffentliche Kinderbetreuungsangebot in den neuen Bundesländern gerade in den Jahren bis zum starken Ausbau in den alten Bundesländern deutlich höher war. Bedauerlicherweise werden hier keine möglichen Erklärungen gegeben.

-        Frauen in Norwegen wenden demnach 210 Minuten für unbezahlte Arbeit auf; Männer 160 Minuten. Auf einen Haushalt bezogen müsste dies im Durchschnitt heißen, dass 370 Minuten am Tag für unbezahlte Arbeit aufgebracht werden. In Korea sind es dagegen nur 230 plus 45 Minuten, d.h. zusammen 275 Minuten. Auch hier hätte ich mir eine nähere Erklärung gewünscht. Werden in Korea mehr haushaltsnahe Dienstleistungen eingekauft oder übernehmen andere Familienmitglieder wie z.B. Großeltern oder Kinder einen Teil der Arbeit?

-        2014 lebten rund 83,1% der Kinder in einem Haushalt mit zwei Elternteilen. Interessant ist, dass in Deutschland deutlich mehr Kinder bei verheirateten Eltern aufwachsen als in vielen anderen europäischen OECD-Ländern. 2014 lebten rund 75,6% der Kinder in Deutschland mit zwei verheirateten Elternteilen zusammen, verglichen mit weniger als 60% in Frankreich und vielen nordeuropäischen OECD-Ländern (Estland, Island, Norwegen und Schweden). Gleichzeitig wachsen mehr Kinder bei zwei unverheiratet zusammenlebenden Elternteilen auf. Hier hätte ich die Zahl der Eheschließungen und Scheidungsraten interessant gefunden; d.h. wachsen in Deutschland mehr Kinder bei verheirateten, leiblichen Eltern auf, weil mehr Eltern heiraten oder weil die Scheidungsraten geringer sind als in anderen OECD Ländern? Oder sind die Scheidungsraten zwar hoch, aber gleichzeitig auch die Wiederverheiratungsraten, so dass  Kinder zwar häufig mit zwei verheirateten Elternteilen aufwachsen, ein Elternteil jedoch nicht das leibliche ist?

-        Väter nehmen eigenen Angaben zufolge seltener Elternzeit, weil sie Karriereeinbußen befürchten.  Hier hätte ich mir mehr Informationen gewünscht, warum Väter dies so empfinden und hinnehmen müssen. Zudem fehlt mir hier auch eine Empfehlung an die Politik. Wie sollen Väter unter diesen Voraussetzungen ermutigt werden, (längere) Elternzeit zu nehmen?

Wichtig wäre auch ein Hinweis gewesen, dass einzelne Maßnahmen für sich nicht die gewünschte Wirkung von mehr Partnerschaftlichkeit erzielen, sondern dass dies nur durch die Summe vieler unterschiedlicher Maßnahmen erzielt werden kann. Beispielhaft soll hier erwähnt werden, dass durch den Ausbau der Kinderbetreuung Frauen zwar mehr Zeit für die Erwerbsarbeit haben, hierdurch aber kein Anreiz gesetzt wird, dass die Väter sich stärker an der Kinderbetreuung beteiligen.

Für alle, die sich – aus unterschiedlichen Gründen – mehr Partnerschaftlichkeit wünschen, zeigt die Studie zumindest auf, was mögliche Wege zu einer Verbesserung sein könnten; auch wenn diese leider nicht immer in der eigenen Hand, bzw. in der Hand der Partner liegen. Doch was ist mit den Eltern, die sich gar nicht mehr Partnerschaftlichkeit wünschen? Wie auch die Studie zugeben muss, gibt es nach wie vor Frauen, die nicht oder nicht mehr Stunden arbeiten möchten. Mag sein, dass sie dies nicht möchten, weil sie so viele andere Verpflichtungen haben und der Mann zeitlich wenig verfügbar ist. Mag aber auch sein, dass sie sich ihr Modell unabhängig von Rollenklischees, gesellschaftlichen Normen, Anforderungen der Politik und sogar auch mit dem Wissen um das Risiko im Falle einer Scheidung genauso und mit voller Absicht ausgesucht haben. Weil sie einfach gerne viel Zeit mit ihren Kindern verbringen möchten und weil sie sich einfach gerne um ihre Familie kümmern. Forderungen oder auch nur Gedanken, wie diese Gruppe unterstützt werden kann, werden einfach nicht gemacht. Meiner Meinung nach sollte jeder Familie das notwendige Wissen zur Verfügung gestellt werden, um eigene Entscheidungen abzuschätzen und tragbar zu machen. Gleichzeitig sollte jede Familie die Möglichkeit haben, ihr Leben so zu gestalten, wie es für alle Familienmitglieder am besten ist, ohne gleich einem Stigma zu erliegen. Politische Maßnahmen sollten daher die individuellen Bedürfnisse der Familien im Blick haben und weniger eigene Interessen verfolgen.

 

Zusammenfassung des 6. und letzten Kapitels der OECD Studie zum Thema Partnerschaftlichkeit

Das letzte Kapitel der OECD Studie befasst sich mit dem Vergleich des Geburtenverhaltens in Deutschland und Frankreich. „Ziel ist es zu untersuchen, wie Deutschland sich von den französischen Praktiken und Politikern inspirieren lassen könnte, um die partnerschaftliche Aufgabenteilung in Familie und Beruf zu stärken und so dafür zu sorgen, dass sich beruflicher Erfolg und Elternschaft besser vereinbaren lassen.“[1] <Anmerkung: Auch dieses Kapitel wimmelt wieder von Dopplungen, die das Lesen erschweren und verlängern. Ich versuche, mich in der Zusammenfassung auf das Wesentliche zu beschränken.>

Weil durch eine gute Partnerschaftlichkeit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert wird, kann mehr Partnerschaftlichkeit auch höhere Geburtenraten fördern. Interessant ist, „dass die Länder mit einer höheren Erwerbstätigenquote der Frauen auch zur Gruppe der Länder gehören, in denen die Geburtenraten bei nahezu 2 Kindern je Frau liegen.“[2]

 „Als entscheidende Faktoren für die Differenz zwischen den Geburtenraten in Frankreich und Deutschland werden die Auswirkungen der Mutterschaft auf die Erwerbstätigkeit und die Arbeitsstundenzahl der Frauen sowie die unterschiedlichen Einstellungen in den beiden Ländern zur Aufteilung von Erwerbsarbeit und Kindererziehung innerhalb der Paare identifiziert.“[3]

Die Unterschiede im Geburtenverhalten in beiden Ländern drücken sich auch in der endgültigen durchschnittlichen Kinderzahl aus, denn Frauen in Deutschland haben durchschnittlich weniger Kinder: Der Anteil mit zwei oder mehr Kindern liegt in Deutschland bei 39%, in Frankreich bei 44%.

Der wichtigste Umstand ist allerdings, dass in Frankreich wesentlich weniger Frauen bis zum Ende ihres gebärfähigen Alters kinderlos bleiben als in Deutschland. In Frankreich bleiben nur 13% der Frauen kinderlos. In den neuen Bundesländern ist dies in etwa gleich; in den alten Bundesländern sind rund 23% der in den späten 1960er und/oder frühen 1970er Jahren geborenen Frauen kinderlos.

„Kinderlosigkeit kann in Deutschland mit verschiedenen Faktoren in Zusammenhang gebracht werden Die Wahrscheinlichkeit der Kinderlosigkeit ist höher unter Frauen mit hohem Bildungsniveau und ohne Migrationshintergrund, die Vollzeit arbeiten und in städtischen Räumen leben. Der Kinderlosenanteil ist beispielsweise unter Frauen mit niedrigem Bildungsniveau mit 15% fast halb so hoch wie unter Frauen mit Hochschulabschluss (27%), wobei Frauen mit Migrationshintergrund einen großen Teil der Frauen mit niedrigem Bildungsniveau stellen. In westdeutschen Städten beträgt der Anteil der Kinderlosen unter Frauen mit hohem Bildungsniveau ohne Migrationshintergrund 38%, und er erhöht sich auf 48%, wenn diese Frauen zudem in Vollzeit arbeiten.“[4]

Somit „hat das deutlich gestiegene Bildungsniveau der Frauen zur Folge, dass sich für sie die Kosten einer Unterbrechung der beruflichen Laufbahn wegen Schwangerschaft und/ oder Kindererziehung erhöhen. Zweitens ist es für Frauen angesichts der wachsenden wirtschaftlichen Instabilität sowie des Risikos der Trennung vom Partner zunehmend wichtig, ihre Arbeitsmarktsituation zu sichern, bevor sie eine Familie gründen.“[5]<Anmerkung: Ich habe eine These bezüglich des 2008 geänderten Unterhaltsrechts in einem Interview mit der Scheidungsanwältin Helene Klar gelesen, die mich zumindest nachdenklich stimmt. Sie sagt: „Wenn man wirklich wollte, dass Frauen dem Arbeitsmarkt erhalten bleiben, müsste man die Unterhaltsansprüche erhöhen und nicht abschaffen. Wenn es für den Mann nach der Trennung teurer wird, weil sie nicht erwerbstätig ist, wird er sagen, ich bringe die Kinder in den Kindergarten und Du arbeitest weiter. Denn wenn beide gleich verdienen, muss er nie Unterhalt zahlen. Aber er muss vorher was dafür leisten.“[6] >

Die Kinderlosigkeit in Deutschland wird in der Studie auf eine schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf zurückgeführt, denn „eine nicht unerhebliche Zahl von Frauen, die eine berufliche Karriere verfolgen wollen, bleibt kinderlos.“[7] <Anmerkung: was bedeutet hier „eine nicht unerhebliche Zahl“? Hier hätte ich mir Zahlen gewünscht um mir als Leser selbst ein Bild zu machen, ob die Zahl nun groß oder klein ist.>

Eine niedrige Fertilität und Kinderlosigkeit sind jedoch nicht immer Ausdruck persönlicher Präferenzen. Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland ist der Anteil der Frauen, die Kinderlosigkeit für sich persönlich als „ideal" betrachten, gering: Er beträgt 3% in Frankreich und 7% in Deutschland und ist somit deutlich geringer als der tatsächliche Anteil der Kinderlosen. Daraus kann geschlossen werden, dass viele Frauen in Frankreich, vor allem aber in Deutschland, ungewollt kinderlos sind.

„Ein weiterer Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland betrifft die ideale Kinderzahl. 2011 gab in Frankreich ein großer Teil der Frauen (45%) an, dass sie gerne mindestens drei Kinder hätten. In Deutschland betrug der entsprechende Prozentsatz nur 18%. Dort gaben zwei Drittel der Befragten an, dass sie zwei Kinder als ideal betrachten. [… ] seit Anfang der 2000er Jahre [erfolgt] eine Zunahme der Zahl der Kinder, die Erwachsene eigenen Angaben zufolge gerne hätten.“ Dies wird mit einer veränderten Wahrnehmung in Verbindung gebracht: „2013 betrachteten 33% der Deutschen ihr Land als kinderfreundlich, 2007 betrug dieser Anteil nur 25%, 2013 fühlten sich weniger Eltern von Kindern unter 3 Jahren finanziell eingeschränkt (48% gegenüber 36%), und der Anteil derjenigen, die es schwer fanden, Betreuung für ihre Kinder zu finden, war deutlich gesunken — von 29% im Jahr 2007 auf 13% im Jahr 2013.“[8]

Die Erwerbstätigenquoten der Frauen sinken in beiden Ländern mit steigender Kinderzahl, allerdings mit dem Unterschied, dass Mütter mit 1 oder 2 Kindern in Frankreich mit wesentlich größerer Wahrscheinlichkeit erwerbstätig sind. Dies gilt auch für Mütter mit Kindern im Vorschulalter. Es sind zwar kaum noch Unterschiede bei den Erwerbstätigenquoten festzustellen, sobald das jüngste Kind in die Schule kommt; in der Zahl der Arbeitsstunden bestehen jedoch weiterhin Unterschiede. <Anmerkung: Die gesamte Studie – wie auch die politische Diskussion in Deutschland – beschäftigt sich meiner Meinung nach viel zu wenig mit den Themen von Eltern schulpflichtiger Kinder. Es scheint, als wäre die Familienpolitik auf Eltern mit kleinen Kindern beschränkt. Auch die Studie geht der Frage nach möglichen Ursachen für die unterschiedliche Anzahl von Wochenstunden erwerbstätiger Frauen mit schulpflichtigen Kindern leider nicht nach. In nur wenigen Sätzen, die etliche Seiten später folgen, wird festgestellt, dass außerschulische Betreuung in Frankreich besser ausgebaut ist und die Schulzeiten in Frankreich deutlich länger sind als in Deutschland.>

Mit der Anzahl der Wochenarbeitsstunden ist ein hoher Anteil der beschäftigten Frauen in Deutschland, die mehr als 35 Stunden pro Woche arbeiten und deren Partner ebenfalls in Vollzeit arbeitet, nicht zufrieden: Fast 3/4 würden gerne weniger arbeiten. In Frankreich (48%) sowie in Finnland, Norwegen und Schweden (rd. 40%) ist der Anteil deutlich niedriger. Frauen wünschen sich, dass ihr Partner durchschnittlich deutlich mehr Stunden pro Woche arbeitet als umgekehrt. Es ist anzunehmen, dass dieser Wunsch mit der in Deutschland stärker als in Frankreich vorherrschenden Ansicht einhergeht, „dass Männer sich erst einmal ein stabiles Einkommen sichern sollten, bevor sie heiraten und Kinder in die Welt setzen.“[9] Neben dem stabilen Einkommen haben „das Bildungsniveau und der Verdienst des männlichen Partners in Deutschland einen wesentlich größeren Einfluss auf das Geburtenverhalten […] als in Frankreich. Einkommensunterschiede zwischen den Partnern haben in Frankreich bei sonst gleichen Bedingungen keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit der Elternschaft. In Deutschland hingegen, wo der Verdienst des Mannes häufig als entscheidend für die erforderliche Einkommenssicherheit betrachtet wird, um Kinder zu haben, steigt die Wahrscheinlichkeit der Elternschaft erheblich, wenn der Mann deutlich mehr verdient als die Frau. Dieser starke Einfluss des Verdiensts des Mannes auf das Geburtenverhalten erklärt sich daraus, dass die Vorstellung, wonach der Mann für den Unterhalt der Familie aufkommen muss, sowie traditionelle Geschlechterrollen und Verhaltensmuster in Deutschland noch deutlich stärker verbreitet sind als in Frankreich.“[10]

 

Laut Studie könnten folgende Aspekte die Geburtenraten erhöhen:

  • Das gesetzte Ziel für den Ausbau des Kinderbetreuungsangebots. Eine Betreuungsquote von 39% könnte die Geburtenziffer von 1,4 auf 1,55 Kinder je Frau erhöhen.
  • Die Einführung eines vom Vater zu nehmenden Teils der Elternzeit. Denn diese schien in Schweden  – anders als in Norwegen -  zu einem erheblichen Anstieg der Fertilität geführt zu haben. Insbesondere wurde ein deutlicher Anstieg der Häufigkeit der Geburt eines zweiten oder dritten Kindes verzeichnet, vor allem in Niedrigeinkommenshaushalten.
  • Veränderungen der Beschäftigungsstrukturen. Diese gestatten Eltern, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen.
  • Eine geschlechtergerechtere Aufteilung von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung zwischen Müttern und Vätern.[11] Wenn Paare bereits ein Kind haben, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein zweites Kind bekommen, wenn sich die Väter stärker um die Kinder kümmern.

 

[1] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 211

[2] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 214

[3] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 213

[4] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 217

[5] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 219

[6] Familien, Süddeutsche Zeitung Magazin, 2016, S.159

[7] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 217

[8] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 218

[9] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 223

[10] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 225

[11] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 226f.

Zusammenfassung des 4. Kapitels der OECD Studie: „Verteilung von Erwerbsarbeit und Erwerbseinkommen in Paaren mit Kindern“

„In den OECD-Ländern ist die Erwerbsarbeit nur selten gleich zwischen beiden Elternteilen aufgeteilt. Erwerbsarrangements, bei denen beide Partner vollzeitnah arbeiten (hier definiert als zwischen 30 und 39 Wochenstunden), sind in Dänemark, Norwegen, Frankreich und Finnland am gängigsten.“[1]

„Für vollzeiterwerbstätige Mütter (mindestens 40 Stunden pro Woche) ist die Wochenarbeitszeit in Österreich, der Schweiz und Deutschland am längsten, während sie in Frankreich und den nordischen Ländern relativ kurz ist. Die Mehrheit der in einer Partnerschaft lebenden Mütter arbeitet in Dänemark, Finnland, Frankreich und Norwegen zwischen 35 und 39 Stunden. In Island und Schweden sowie in den Vereinigten Staaten leisten die meisten in einer Partnerschaft lebenden Mütter zwischen 40 und 44 Wochenstunden.[2]

An dieser Stelle habe ich zwei Zitate aneinander gereiht, weil ich diese Abschnitte mehrmals lesen musste und doch zu keiner für mich verständlichen Aussage komme: Bedeutet dies, dass die Wochenarbeitszeit für vollzeiterwerbstätige Mütter in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland höher ist? Und wenn ja, wieviel Stunden arbeiten dann vollzeiterwerbstätige Mütter in den Ländern mehr als in den skandinavischen Ländern? Die Angabe zwischen 35 und 39 Stunden bezieht sich ja nicht auf die Vollzeiterwerbstätigkeit, denn im o.g. Zitat werden 30-39 Stunden als „vollzeitnah“ beschrieben. Abgesehen von der Unklarheit der Aussage, wäre es aus meiner Sicht deutlich sinnvoller gewesen, zu Beginn erstmal zu definieren, was denn Vollzeit eigentlich in jedem Land durchschnittlich bedeutet (bedingt durch rechtliche Rahmenbedingungen, Tarifverträge o.ä.). Daraufhin könnte man dann jeweils die Abweichungen in Prozent ausdrücken. Es macht doch keinen Sinn, Stundenanzahlen zu vergleichen und von Voll- bzw. Teilzeit zu sprechen, wenn dies in den Ländern mit unterschiedlichen Definitionen verbunden ist. Etliche Seiten später lese ich dann, dass das mit „Teilzeit" assoziierte Erwerbsvolumen in den Ländern und in den Wirtschaftssektoren der Länder stark variiert, da es dem selbst angegebenen Status der Teilzeitbeschäftigung entspricht; heißt einer geringeren Stundenzahl als bei Normalarbeitsverhältnissen von „typischen" Beschäftigten.[3] Wiederum etliche Seiten später die Aussage: „Im Durchschnitt arbeiten vollzeiterwerbstätige Mütter in Deutschland nahezu 42 Stunden pro Woche und werden nur von Müttern in der Schweiz und Österreich mit rd. 44 Wochenstunden übertroffen. In Norwegen, Dänemark und Frankreich arbeiten vollzeiterwerbstätige Mütter hingegen im Durchschnitt weniger als 40 Stunden pro Woche. Vollzeiterwerbstätige Väter haben in Deutschland mit knapp über 45 Stunden ebenfalls eine relativ lange Wochenarbeitszeit, die zwar über dem europäischen Durchschnitt, aber unter der wöchentlichen Arbeitszeit in anderen europäischen Ländern wie Österreich, der Schweiz und Polen liegt. Väter in Norwegen, Dänemarks, Schweden und Finnland arbeiten ihrerseits weniger Stunden als der europäische Durchschnitt, jedoch noch immer mehr als 40 Wochenstunden. Relativ kurze regelmäßige Wochenarbeitszeiten in Vollzeitarbeitsverhältnissen sind daher in Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland sowohl unter Frauen als auch unter Männern verbreitet.“[4]  Warum werden diese Angaben nicht schon auf den Seiten vorher gemacht? Mir scheint es, als werden bestimmte Angaben an Stellen gemacht (oder eben nicht), um gewünschte Wirkungen zu erzielen. Meiner Meinung nach ist es nicht wissenschaftlich genug, da es mir vorkommt, als soll der Leser verwirrt oder beeinflusst werden.

Durcheinander komme ich vollends als ich folgende Aussage lese: „In Frankreich und Schweden leistet ein nicht unerheblicher Teil der in einer Partnerschaft lebenden Väter mindestens 45 Wochenstunden.“ [5] Und: „Der geringe durchschnittliche geschlechtsspezifische Unterschied bei der Wochenarbeitszeit in den nordischen Ländern und Frankreich ist auf die relativ lange Wochenarbeitszeit teilzeitbeschäftigter Frauen und die relativ kurze durchschnittliche Wochenarbeitszeit vollzeitbeschäftigter Väter und Mütter zurückzuführen.“[6]   Vielleicht muss der Leser mehr auf die Wortwahl nicht unerheblicher Teil, verbreitet, im Durchschnitt, relativ lange, relativ kurze achten; ich bin ehrlich gesagt verwirrt.

 

Mütter in Deutschland, die in einer  Partnerschaft leben und in Teilzeit beschäftigt sind, arbeiten durchschnittlich  20 Stunden pro Woche. In den nordischen  Ländern oder Frankreich sind dies im Durchschnitt 10 Stunden mehr. Als Hauptgründe, dass diese in Deutschland nicht in Vollzeit arbeiten, werden Hausarbeit, Kindererziehung oder Pflegeaufgaben genannt. Interessant ist hier aber die einige Abschnitte später gemachte Aussage: „In […] Länder […] wo viele Frauen langfristig teilzeitbeschäftigt sind — ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass Mütter in Vollzeit arbeiten, wenn ihr Partner ein relativ hohes Erwerbseinkommen bezieht. In diesen Ländern reduzieren viele Mütter offenbar ihre Arbeitszeit, sobald es sich die Familie finanziell leisten kann.“ [7]Was sind denn nun die Gründe, warum diese Mütter dann mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin Teilzeit arbeiten: Weil sie Hausarbeit, Kindererziehung oder Pflegeaufgaben leisten, und sich dies nicht mit einer Vollzeittätigkeit vereinbaren lässt oder weil es sich die Familie leisten kann, wenn die Mutter in Teilzeit arbeitet oder weil die Mütter nicht mehr arbeiten wollen? Interessant ist auch, dass der Anteil an Frauen in Deutschland, die in Teilzeit arbeiten, mit zunehmendem Alter zunimmt und in den ältesten Altersgruppen beträchtlich ist.[8]

 „[…] bedeutet dies, dass Frauen in Deutschland nicht mehr in eine Vollzeitbeschäftigung zurückkehren, sobald sie einmal in Teilzeit arbeiten. Sie scheinen tatsächlich in einer „Teilzeitfalle" festzustecken.[9] Eine Seite später jedoch, wird diese Aussage dahingehend abgeschwächt, dass von Rückkehr in Vollzeit von können/ oder wollen gesprochen wird. Hier hätte ich mir eine konkrete Aussage gewünscht: Können Frauen nicht mehr zurück in Teilzeit und stecken in einer Teilzeitfalle oder wollen sie nicht mehr zurück in Vollzeit? Oder vielleicht beides? Was sind die Gründe? Mehrere Seiten später lese ich dann, dass im Durchschnitt der europäischen Länder „weniger als 10% der in einer Partnerschaft lebenden Mütter, die weniger als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig sind, als Grund für ihre Erwerbssituation [angeben], dass sie keine längere Arbeitszeit wünschen.“[10] Also doch eine Teilzeitfalle? Oder doch die unbezahlte häusliche Arbeit? Letztere wird in Deutschland von 65,2% als Haupthindernis gesehen; aber auch in Frankreich mit 59% sowie in den Niederlanden, dem vereinigten Königreich und Belgien. Als zweithäufigster Grund für eine Arbeitszeit unter 30 Stunden wird die Arbeitsnachfrage genannt. Viele in einer Partnerschaft lebende Mütter möchten mehr arbeiten, können aber nicht den richtigen Arbeitsplatz finden. Diese Angabe gilt jedoch nicht für Deutschland. Hier sind die Gründe, wie o.g. genannt , Hausarbeit, Kindererziehung oder Pflegeaufgaben.

Partnerschaftliche Aufteilung

„Im Idealfall sollte eine partnerschaftliche Aufgabenteilung in der Familie auch beide Partner in die Lage versetzen, ein angemessenes Haushaltseinkommen sicherzustellen und Zeit miteinander zu verbringen. Dennoch ist der Arbeitszeitunterschied zwischen den Partnern — die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden des Mannes abzüglich der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden der Frau in Paaren, in denen der Mann erwerbstätig ist — in der Regel erheblich. Angesichts der Tatsache, dass Mütter in Deutschland so häufig weniger als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig sind und Väter lange Arbeitswochen haben, ist die Differenz bei der Wochenarbeitszeit unter den Partnern in Deutschland zusammen mit Österreich und der Schweiz mit über 25 Stunden am größten.“ [11]

Meinen Rechenfähigkeiten zufolge müsste es hier „knapp über 25 Stunden“ heißen: 20 Stunden arbeiten Mütter im Durchschnitt und Väter knapp über 45 Stunden. Das macht keinen großen Unterschied, doch die Aussagen unterscheiden sich meiner Meinung nach hierdurch. Wörter wie knapp, fast, die meisten, die wenigsten, relativ führen in dieser Studie an verschiedenen Stellen zu Aussagen, die unter sonst gleichen Angaben unterschiedliche Schlussfolgerungen zulassen.

Einen weiteren Widerspruch entdecke in ich den folgenden Aussagen:

„Der geringe durchschnittliche geschlechtsspezifische Unterschied bei der Wochenarbeitszeit in den nordischen Ländern […] ist auf die relativ lange Wochenarbeitszeit teilzeitbeschäftigter Frauen und die relativ kurze durchschnittliche Wochenarbeitszeit vollzeitbeschäftigter Väter und Mütter zurückzuführen.“[12]

[..] während in Schweden, Island […] die wöchentliche Arbeitszeit von Müttern zwischen 40 bis 44 Stunden liegt.[13] 40 bis 44 Stunden sind doch keine kurze Wochenarbeitszeit. Vollzeiterwerbstätige Väter haben in Deutschland mit knapp über 45 Stunden ebenfalls eine relativ lange Wochenarbeitszeit.

Ggf. habe ich hier etwas überlesen und nur 45 Stunden und mehr gelten als lange; für mich in jedem Fall in den Aussagen nicht stimmig.

Klar ist, dass kürzere Arbeitszeiten mit weniger Gehalt einhergehen. Aufgrund des hohen Grades an Teilzeitbeschäftigungen von Müttern in Deutschland tragen diese „durchschnittlich nur ein Viertel zum Einkommen der Haushalte bei [..] der entsprechende Anteil in Frankreich, Schweden, Dänemark [liegt bei] über 35%.“[14] Hinzu kommt, dass teilzeitbeschäftigte Frauen „[…] auch mit größerer Wahrscheinlichkeit einen geringeren Stundenlohn als vollzeitbeschäftigte Männer [beziehen]. Der Rangplatz vieler Länder nach der Höhe des Einkommensgefälles innerhalb der Paare deckt sich weitgehend mit ihrem Rangplatz nach der durchschnittlichen Differenz zwischen den Bruttostundenlöhnen von Männern und Frauen, bezogen auf alle Beschäftigte.“[15]

Geringere Erwerbsjahre sowie ein geringerer Stundenumfang tragen auch zu Unterschieden in der Rentenhöhe bei: Die Rentenansprüche von Frauen aus der gesetzlichen Altersversicherung waren im Jahr 2011 durchschnittlich 28% niedriger als die der Männer.[16]

Nicht nur die Anzahl der Arbeitsstunden sind im Ländervergleich unterschiedlich, sondern auch die Lage der Arbeitszeit. „In deutschsprachigen Ländern arbeiten Mütter häufig die ganze Woche halbtags, während die Teilzeiterwerbstätigkeit von Müttern in den nordischen Ländern und Frankreich — im Durchschnitt über 25 Wochenstunden - eher einer vollzeitnahen Beschäftigung gleicht, bei der Mütter entweder nur an bestimmten Tagen arbeiten oder eine kürzere tägliche Arbeitszeit haben. In Frankreich ist es beispielsweise üblich, dass Teilzeitbeschäftigte vier von fünf Tagen erwerbstätig sind, wobei Mütter junger Kinder mittwochs nicht arbeiten, da die Schulen im Elementar- und Primarbereich bis vor kurzem mittwochs geschlossen waren.“ [17] In Schweden können Eltern durch flexible Arbeitszeitregelungen am Nachmittag gehen, um ihre Kinder abzuholen.

„Aufgrund der begrenzten Öffnungszeiten von Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten sind teilzeitbeschäftigte Mütter in deutschsprachigen Ländern hingegen gezwungen, nur halbtags zu arbeiten Trotz der Anstrengungen, mehr in Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuungseinrichtungen zu investieren, sind die meisten Schulen des Primar- und Sekundarbereichs in Deutschland nachmittags noch immer geschlossen. Von den Eltern (d.h. in der Regel von den Müttern) wird erwartet, dass sie am Nachmittag für ihre Kinder Lern und Freizeitaktivitäten organisieren, weil die Kinder sonst allein zu Hause wären.“[18] Für Investitionen in Kinderbetreuung, d.h. für Maßnahmen, die es Eltern leichter machen, Familie und Beruf zu vereinbaren, wurde ein positiver Effekt auf die Erwerbsbeteiligung der Frauen nachgewiesen. „Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere der Ausbau der Kinderbetreuungsangebote zu einem deutlichen Anstieg der Erwerbsbeteiligung der Frauen führt und einen stärkeren positiven Einfluss auf die Frauenerwerbstätigkeit hat als Unterschiede bei der Dauer der bezahlten Elternzeit. Das Betreuungsangebot für Kinder unter 3 Jahren hat sich zwischen Mitte der 1990er Jahre und Ende der 2000er Jahre im Durchschnitt verdoppelt, was mit einem Anstieg der Erwerbstätigenquote der Frauen im Alter von 25-54 Jahren um schätzungsweise 2,5 Prozentpunkte — ein Viertel des insgesamt zwischen 1995 und 2008 verzeichneten Anstiegs — verbunden war.“[19] Neben den familienfreundlichen Maßnahmen wird die  Erwerbsbeteiligung der Frauen durch weitere Faktoren beeinflusst, wie z. B. den Anstieg ihres Bildungsniveaus, Veränderungen des Arbeitsmarkts, sowie das Steuersystem. Der Effekt der Maßnahmen wiederum variiert mit dem Bildungsniveau der Frauen. „Cipollone et al. (2015) stellen fest, dass Kinderbetreuungsbeihilfen und kinderfreundliche Maßnahmen positive Auswirkungen auf die Erwerbsquoten 25- bis 34-jähriger Mütter mit mittlerem bis hohem Bildungsniveau hatten. Für Frauen mit geringem Bildungsniveau wurde jedoch kein Effekt festgestellt.“

Im nächsten Artikel lesen Sie: „Aufteilung der unbezahlten Arbeit zwischen den Partnern“

[1] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 137

[2] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 137          

[3] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 143

[4] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 147

[5] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 150

[6] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 148

[7] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 137

[8] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 139

[9] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 139f.

[10] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 144

[11] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 150

[12] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 148

[13] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 149

[14] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 154

[15] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 155

[16] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 157

[17] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 143

[18] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 143f

[19] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 159

 

Zusammenfassung des 3. Kapitels der OECD Studie zum Thema Partnerschaftlichkeit

Politikmaßnahmen  zur Förderung der Partnerschaftlichkeit: sowohl die Einleitung des Kapitels, als auch der Teil mit den wichtigsten Erkenntnissen, beinhaltet  leider auch wieder Dopplungen. Daher konzentriere ich mich auf die Ausführungen, die bisher noch nicht dargelegt wurden. Neuere familienpolitische Entwicklungen in Deutschland zielen auf eine partnerschaftliche Aufgabenteilung in Familie und Beruf ab.

Die Neuausrichtung der deutschen Familienpolitik ist auf die Verbesserung der Work-Life-Balance von Familien ausgerichtet. Dabei soll:

  • das Wohlergehen der Kinder gesteigert werden.
  • Eltern mehr Möglichkeiten geboten werden, ihre beruflichen Ambitionen zu verwirklichen.
  • Eltern mehr Möglichkeiten geboten werden, ihre Vorstellungen in Bezug auf die gewünschte Kinderzahl zu verwirklichen.
  • die wirtschaftliche Lage von Familien,
  • sowie die finanzielle Unabhängigkeit der einzelnen Familienmitglieder im Ruhestand oder im Fall einer Scheidung/Trennung, verbessert werden
  • Eltern und Kindern mehr Zeit miteinander zu ermöglichen, u.a. durch die Förderung von mehr Partnerschaftlichkeit, d.h. einer ausgewogeneren Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit.

Eine Initiative in diese Richtung ist die Einführung des ElterngeldPlus, das es beiden Elternteilen erleichtert, Elterngeld und Teilzeitarbeit miteinander zu kombinieren. Hierbei wird ein Partnerschaftsbonus vorgesehen, wenn beide Eltern mindestens vier Monate lang parallel zwischen 25 - 30 Stunden pro Woche arbeiten. 

Die Ausgaben für familienbezogene Leistungen unterscheiden sich innerhalb der OECD Länder erheblich. „[…] 2013 beliefen sich die Ausgaben im OECD-Durchschnitt auf 2,5% des BIP dabei reichte die Bandbreite von knapp über 1,1% des BIP in den Vereinigten Staaten bis hin zu rd. 4% in Dänemark, Frankreich, Irland und dem Vereinigten Königreich.“[1] In Deutschland lagen die Ausgaben bei 3,2% des BIP. Durch die Neuausrichtung der deutschen Familienpolitik und der damit verbundenen stärkeren Fokussierung auf öffentliche Investitionen zugunsten von Familien mit Kindern haben sich die Gesamtausgaben pro Kind in den ersten Lebensjahren dem schwedischen Niveau angenähert.[2]

„Anstelle von finanzieller Unterstützung — die oft die finanziellen Arbeitsanreize schwächen und eine zahlen und/oder stundenmäßige Verringerung der Frauenerwerbstätigkeit bewirken kann haben sich Länder wie Dänemark und Schweden beispielsweise für die Entwicklung von Systemen entschieden, die universell verfügbare Kinderbetreuung und außerschulische Betreuung anbieten. […] Dadurch wurde die Vollzeiterwerbstätigkeit von Frauen gesteigert. In Dänemark, Island,Schweden und Frankreich betrugen im Jahr 2013 die öffentlichen Ausgaben für familienbezogene Dienstleistungen (wie z.B. Kinderbetreuung, Tagesbetreuungseinrichtungen und eine Reihe von familienbezogenen Sozialdienstleistungen) über 2% des BIP und waren damit doppelt so hoch wie im OECD-Durchschnitt.“[3]

Der Anteil der Ausgaben für familienbezogene Dienstleistungen  hat sich in Deutschland  erhöht. Die Bildungsausgaben  liegen in Deutschland jedoch mit  4,3% des BIP unterhalb des OECD Durchschnitts von 5,3%.[4] Ob dies die richtige Richtung ist, ist vor dem Hintergrund, dass Investitionen in der frühen Kindheitsphase anerkanntermaßen mit hohen sozialen Erträgen verbunden und dazu beitragen, kostspieligere Interventionen in späteren Lebensphasen zu verhindern.[5] „Eine OECD-Studie (2015a) hat gezeigt, dass eine hohe Einkommensungleichheit die Möglichkeiten der ärmsten 40% der Bevölkerung reduziert, in Kompetenzen und Bildung zu investieren — sowohl für sich selbst als auch für ihre Kinder Frühzeitige Investitionen in Kinder tragen dazu bei, die Ungleichheit einzudämmen, was positive kurz- und langfristige Effekte mit sich bringt.“[6]

Gibt es finanzielle Anreize für Erwerbstätigkeit beider Elternteile?

Ein Haushalt, in dem beide Partner in gleichem Umfang zum Haushaltseinkommen beitragen, verfügt im OECD-Durchschnitt über 5,4% mehr Nettoeinkommen als eine Alleinverdienerfamilie.“[7] Einkommensteuersysteme mit gemeinsamer Veranlagung – wie in Deutschland - hemmen eine partnerschaftliche Aufteilung der Erwerbsarbeit, da das Einkommen der Partner addiert und mit demselben Grenzsteuersatz veranlagt wird. „Da der Steuersatz auf dem gemeinsamen Einkommen der Partner beruht, ist es irrelevant, wie viel beide jeweils dazu beitragen. Bei einem System mit gemeinsamer Veranlagung und progressivem Steuertarif werden Zweitverdienende effektiv mit höheren Grenzsteuersätzen besteuert als bei getrennter Veranlagung, weil die niedrigeren Einkommensbereiche (für die niedrigere Steuersätze gelten) bereits mit dem Einkommen des Hauptverdieners überschritten werden. Je höher das Einkommen des Hauptverdieners ist, desto höher ist auch der Steuersatz für das Einkommen des Zweitverdieners — umso geringer sind folglich die finanziellen Anreize für den Zweitverdiener, zum Familieneinkommen beizutragen. Wenn zudem der Kinderfreibetrag vom Zweitverdiener auf den Hauptverdiener übertragen werden kann (und selbst dann geltend gemacht werden kann, wenn der Zweitverdiener nicht zum Familieneinkommen beiträgt) bestehen für Zweitverdiener noch weniger finanzielle Anreize, ihren Erwerbsumfang auszuweiten.“[8]

Neben dem Steuersystem ist auch das deutsche Sozialversicherungssystem eher auf Alleinverdienerhaushalte, Haushalte mit einem Alleinverdiener und einem Minijobber ausgerichtet. Insbesondere wenn das Gehalt des Alleinverdieners über der Beitragsbemessungsgrenze liegt. In diesem Fall sind die Sozialversicherungsbeiträge nach oben gedeckelt. Liegt das Gehalt des Zweitverdieners unter der Beitragsbemessungsgrenze steigen die Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge für diesen Haushalt mit steigendem Bruttoverdienst des Zweitverdieners. Dies führt dazu, dass sich Zweitverdiener – in der Regel Mütter – auf einen Minijob beschränken.[9] „Die finanziellen Erwerbsanreize für Zweitverdienende in Paarfamilien könnten auf verschiedene Weise verbessert werden, z.B. durch einen gesonderten Steuerfreibetrag für Zweitverdienende, oder durch die Festsetzung der Krankenversicherungsbeiträge auf Basis der Anzahl der versicherten Erwachsenen, mit einem entsprechenden finanziellen Ausgleich für einkommensschwache Familien.“[10]

Im nächsten Artikel lesen Sie: „Verteilung von Erwerbsarbeit und Erwerbseinkommen in Paaren mit Kindern“

[1]OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 86
[2] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 80
[3]OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 87f.
[4] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 88
[5] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 88
[6] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 89
[7] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 90
[8] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 92f.
[9] Vgl.OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 93
[10]OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 81
 

Zusammenfassung des 2. Kapitels der OECD Studie zum Thema Partnerschaftlichkeit

Das zweite Kapitel der Studie beschäftigt sich mit den Themen Partnerschaft, Familienstruktur und Arbeitsteilung. Bereits zu Beginn des Kapitels – in dem die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst sind - fallen etliche Dopplungen in den Aussagen zum vorherigen Kapitel auf. Dies ist für den Leser nicht nur verwirrend, sondern auch zeitraubend; schließlich hätte man etliche Seiten sparen können. Zudem werden unterschiedliche Aussagen gemacht. So heißt es beispielsweise „in den letzten 15 Jahren sind in Deutschland viele Frauen in den Arbeitsmarkt eingetreten.“[1] Während einige Seiten später dann steht: “In den letzten Jahrzehnten sind in Deutschland viele Frauen in den Arbeitsmarkt eingetreten.“[2] <Anmerkung: Nun liegen zwischen 15 Jahren und zwei Jahrzehnten lediglich Minimum 6 Jahre; und auch die ein oder andere Dopplung wäre hinnehmbar gewesen, jedoch nicht in der aufgetretenen Häufigkeit. Dies verwirrt und entnervt mich nicht nur während des Lesens; ich hätte von einer Studie der OECD auch eine deutlich höhere Qualität erwartet. An der Stelle an der steht: „Männer haben aufgrund höherer Erwerbseinkünfte und anderer Ressourcen, z.B. Bildung, bei Entscheidungen häufig ein größeres Mitspracherecht“[3]muss ich kurz an mich halten. Wie passt dies zu der bekannten, stetig gestiegenen Qualifikation der Frauen, die in allen 28 Ländern der EU im Alter zwischen 30 und 34 Jahren häufiger über einen hohen Bildungsabschluss als gleichaltrige Männer verfügen.[4] >

Zwischen 2000 und 2014 sind die Erwerbstätigenquoten der Frauen in Deutschland um über 11,3 Prozentpunkte gestiegen (im OECD Raum nur 4,7 Prozentpunkte), d.h. von 58,1% auf 69,5%. Deutschland hat damit heute die höchste Frauenerwerbstätigenquote im OECD Raum nach den nordischen Ländern und der Schweiz.[5] Die meisten Frauen sind jedoch teilzeitbeschäftigt. Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Mütter mit Kinder unter 15 Jahren arbeitete im Jahr 2013 weniger als 30 Stunden. „In den neuen Bundesländern hat sich der Anteil der Teilzeitbeschäftigung unter den erwerbstätigen Müttern zwischen 1995 und 2012 fast verdoppelt, von 23% auf 44%.“[6] <Anmerkung: Das ist eine interessante Tatsache, da doch das öffentliche Kinderbetreuungsangebot in den neuen Bundesländern gerade in den Jahren bis zum starken Ausbau in den alten Bundesländern deutlich höher war. Bedauerlicherweise werden hier keine möglichen Erklärungen gegeben.>

Als einen Grund für ihre Teilzeitbeschäftigung geben Mütter an, dass sie einen großen Teil ihrer Zeit mit Haushalt und Kinderbetreuung verbringen. Eltern teilen sich meistens die unbezahlte Haus-  und Familienarbeit nicht gerecht auf und Frauen leisten mehr unbezahlte Arbeit als ihre männlichen Partner. Dies ist kein rein deutsches Phänomen, sondern ist in allen OECD Ländern gleich; wenngleich es in den Ländern Unterschiede in der Verteilung gibt. Anmerkung: Hier habe ich vorgegriffen auf Kapitel 5 der Studie. Im weiteren Verlauf des Kapitels werden die Anteile der unbezahlten Arbeit in Minuten angegeben. Frauen in Norwegen wenden demnach 210 Minuten für unbezahlte Arbeit auf; Männer 160 Minuten. Auf einen Haushalt bezogen müsste dies im Durchschnitt heißen, dass 370 Minuten am Tag für unbezahlte Arbeit aufgebracht werden. In Korea sind es dagegen nur 230 plus 45 Minuten, d.h. zusammen 275 Minuten. <Anmerkung: Auch hier hätte ich mir eine nähere Erklärung gewünscht. Werden in Korea mehr haushaltsnahe Dienstleistungen eingekauft oder übernehmen andere Familienmitglieder wie z.B. Großeltern oder Kinder einen Teil der Arbeit?>

„Die Aufteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit unter den Eltern hat auch makroökonomische Auswirkungen. Die Länder, in denen die Geschlechterdifferenz bei der zeitlichen Aufteilung der Haus- und Familienarbeit am geringsten ist, weisen auch bei den Erwerbstätigenquoten die niedrigste Genderlücke auf, was erhebliche Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die sozioökonomische Gleichstellung hat.“[7] 

„Arbeitszeitunterschiede zwischen Männern und Frauen tragen zu dem andauernden Lohngefälle zwischen Männern und Frauen auf nationaler Ebene und in den Haushalten bei.“[8]  Anmerkung: Eine Erklärung zu dieser Aussage folgt nicht; hier ist sicherlich davon auszugehen, dass sich z.B. tariflich vereinbarte prozentuale Gehaltssteigerungen bei Teilzeitgehältern in absoluten Werten geringer niederschlagen und sich dieser Unterschied mit zunehmender Anzahl an Jahren in Teilzeit stetig vergrößert.

Der Anteil der Paare, die die Erwerbsarbeit mit 30 und 39 Stunden nahezu gleich aufteilen ist in Deutschland folglich gering mit 1,2%. Hier handelt es sich nicht um rein deutsches Phänomen; der Anteil liegt in 17 von 26 Ländern unter 5%. „Die in Deutschland am weitesten verbreitete Erwerbskonstellation in Paarfamilien ist, dass der Vater in Vollzeit beschäftigt ist, während die Mutter wenige Stunden in Teilzeit arbeitet oder gar nicht erwerbstätig ist“[9]  […].

Umfragedaten gestatten es zwar nicht, genau zu bestimmen, welche Faktoren in Deutschland für die Präferenz für Teilzeitarbeit oder vollzeitnahe Beschäftigung ausschlaggebend sind, einige Faktoren wie kulturelle Prägungen, soziale Institutionen und Arbeitsmarktstrukturen dürften jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit eine Rolle spielen. Wie bereits im ersten Kapitel erwähnt, hat sich die Einstellung zur Erwerbstätigkeit von Müttern und zur Rollenverteilung in der Familie in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Das Modell des männlichen Alleinverdieners verliert insbesondere unter jüngeren Erwachsenen an Zustimmung, während eine stärkere Erwerbsbeteiligung der Mütter befürwortet wird. Dennoch ist in den alten Bundesländern immer noch ein Großteil der Bevölkerung der Meinung, dass Mütter — wenn überhaupt — nur in Teilzeit arbeiten sollten.  Bezogen auf die Elternzeit, vertreten die meisten Menschen (die eine bezahlte Elternzeit grundsätzlich befürworten) die Meinung, dass diese von beiden Elternteilen in Anspruch genommen werden sollten und 40% finden, dass diese zu gleichen Teilen zwischen den Eltern aufgeteilt werden sollte. Was die kulturellen Faktoren anbelangt, so haftet erwerbstätigen Müttern in Deutschland nach wie vor ein Stigma an, was sich darin zeigt, dass sie teilweise immer noch abwertend als „Rabenmütter" bezeichnet werden, die sich nicht genug um ihre Kinder kümmern.

In einer Eurobarometer-Umfrage (2014),  in der die Befragten drei Antworten auswählen konnten, wurde festgestellt, dass die Menschen in Deutschland Maßnahmen in den folgenden vier Bereichen für entscheidend halten, um die Zahl der erwerbstätigen Frauen zu erhöhen:

  • sicherstellen, dass Frauen für die gleiche Arbeit genauso viel verdienen wie Männer (47%);
  • mehr flexible Arbeitszeitregelungen (40%);
  • Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Haushalts- und Betreuungsaufgaben erleichtern
  • Verbesserung des Zugangs zu Kinderbetreuung (39%).

Interessant: „Müller und Blome (2013) haben eine quantitative Analyse der Auswirkungen durchgeführt, die die Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern im Zeitraum 1990-1999 auf die zwischen 1993 und 2007 durchgeführten familien- und arbeitspolitischen Reformen in elf europäischen Ländern hatten. Sie stellen eine positive Beziehung zwischen den Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern und den umgesetzten Politikmaßnahmen fest. In Ländern mit einer positiveren Einstellung zur Erwerbstätigkeit von Müttern waren die ergriffenen Maßnahmen mit größerer Wahrscheinlichkeit auf die Förderung von Doppelverdienerfamilien ausgerichtet. Weckström (2014) stellte außerdem fest, dass in mehreren Ländern eine starke Korrelation zwischen den Einstellungen zur Erwerbstätigkeit von Müttern und dem Kinderbetreuungsangebot besteht. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der jüngste Ausbau des FBBE-Angebots die Rahmenbedingungen für die Erwerbstätigkeit von Müttern zwar eindeutig verbessert hat, per se aber nicht zu einer ausgewogeneren Aufgabenteilung zwischen den Partnern beiträgt, Solche Maßnahmen haben hauptsächlich zur Folge, dass Frauen mehr Zeit für Erwerbsarbeit haben, ohne Anreize zu setzen, dass die Väter sich stärker an der Kinderbetreuung beteiligen (Daly, 2011', Ciccia und Bleijenbergh, 2014).“[10]

2014 lebten rund 83,1% der Kinder in einem Haushalt mit zwei Elternteilen. Interessant ist, dass deutlich mehr Kinder in Deutschland bei verheirateten Eltern aufwachsen als in vielen anderen europäischen OECD-Ländern. 2014 lebten rund 75,6% der Kinder in Deutschland mit zwei verheirateten Elternteilen zusammen, verglichen mit weniger als 60% in Frankreich und vielen nordeuropäischen OECD-Ländern (Estland, Island, Norwegen und Schweden).[11] Gleichzeitig wachsen mehr Kinder bei zwei unverheiratet zusammenlebenden Elternteilen auf.

< Anmerkung: Hier hätte ich die Zahl der Eheschließungen und Scheidungsraten interessant gefunden; d.h. wachsen in Deutschland mehr Kinder bei verheirateten, leiblichen Eltern auf, weil mehr Eltern heiraten oder weil die Scheidungsraten geringer sind als in anderen OECD Ländern? Oder sind die Scheidungsraten zwar hoch, aber gleichzeitig auch die Wiederverheiratungsraten, so dass  Kinder zwar häufig mit zwei verheirateten Elternteilen aufwachsen, ein Elternteil jedoch nicht das leibliche ist?>

Im nächsten Kapitel erfahren Sie mehr über die Maßnahmen seitens der Politik zur Förderung der Partnerschaftlichkeit in Deutschland.

[1] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 43
[2] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 50
[3] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 58
[4] Vgl. https://www.boeckler.de/61855.htm
[5] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 50
[6] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 52
[7] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 42
[8] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 43
[9] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 52
[10] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 67
[11] Vgl. OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 44

 

Zusammenfassung des 1. Kapitels OECD Studie zum Thema Partnerschaftlichkeit

Im folgenden finden Sie die versprochene Zusammenfassung des ersten Kapitels der OECD Studie „Dare to share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“.

Während in der Vergangenheit die traditionelle Rollenverteilung überwog, so hat sich die Einstellung gegenüber berufstätigen Müttern in Deutschland positiv verändert. 21,8% der deutschen Bevölkerung meinte im Jahr 2012, eine Mutter mit Kindern im Vorschulalter solle nicht arbeiten gehen; 2002 hingegen waren noch 46,6% dieser Auffassung. „Zudem zeigte sich die deutsche Bevölkerung im Hinblick auf die Frage, ob Väter oder Mütter bezahlte Elternzeit nehmen sollten, im Jahr 2012 nach der schwedischen als eine der egalitärsten“.[1]

Gestiegen ist außerdem der Anteil der Frauen an allen Erwerbstätigen. Mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Frauen arbeitet jedoch in Teilzeit. Trotz der o.g. geänderten Einstellung dominiert also in Deutschland weiterhin das „Hauptverdienermodell“, in dem die Väter in Vollzeit und die Mütter in Teilzeit arbeiten. Die meisten Männer arbeiten über 40 Stunden pro Woche. Wobei es die Mütter im Durchschnitt vorziehen würden, wenn ihre Partner ca. fünf Stunden pro Woche weniger arbeiten; umgekehrt würden sich die Väter wünschen, dass ihre Partnerin drei Stunden weniger arbeitet. <Anmerkung: Da Mütter im Vergleich zu Vätern deutlich weniger Stunden pro Woche arbeiten, finde ich den Wunsch der Väter interessant und hoffe, im weiteren Verlauf der Studie auf eine Erklärung. Nicht erwähnt wird an dieser Stelle nämlich, dass sich wohl auch Väter eine Reduzierung ihrer eigenen Arbeitsstunden wünschen.[2]>

„Mit 18% sind die Niederlande das Land mit dem höchsten Anteil an Paarhaushalten mit Kindern, in denen die Männer zwischen 30 und 39 Stunden pro Woche erwerbstätig sind und die Frauen in Teilzeit (1-29 Stunden) arbeiten. Der Anteil dieser Haushalte ist dort […] dreimal so hoch wie in Deutschland.“ [3] <Anmerkung: Ich persönlich finde diese Angabe nicht hilfreich, da die Spanne von 1-29 Stunden meiner Meinung nach deutlich zu hoch ist. Es stellt doch sowohl für das Erwerbseinkommen und die Altersvorsorge als natürlich auch für die verfügbare Familienzeit einen erheblichen Unterschied da, ob eine erwerbstätige Mutter lediglich eine oder 29 Stunden arbeitet. Ebenso die Angabe zu den Vätern mit 30-39 Stunden. Hierunter könnte theoretisch ein Großteil der niederländischen Väter fallen, die mit 39 Stunden in Vollzeit arbeiten. In dem Fall hinkt der Vergleich, da dann mit den in Deutschland vollzeiterwerbstätigen Väter verglichen werden müsste; auch wenn diese 40 Stunden oder mehr arbeiten.>

Um den Kreislauf des ungleichen Lohn- und Rentengefälles zu durchbrechen, wäre laut der OECD Studie der Idealzustand, „ […] wenn Väter länger in Elternzeit gehen oder mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit wie Mütter ihre Arbeitszeit nach der Geburt eines Kindes vorübergehend verringern würden, hätten die Arbeitgeber stärkere Anreize, in gleichem Maße in die Fortbildung und Karrierechancen von Müttern zu investieren. Wenn Mütter im selben Umfang wie Väter erwerbstätig sein könnten, würde dies ihre wirtschaftliche Sicherheit im Fall einer Scheidung oder Auflösung der Partnerschaft stärken und ihr rentenbezogenes Risiko der Altersarmut verringern. Wenn Väter und Mütter beide vorübergehend vollzeitnah arbeiten und ihre berufliche Laufbahn in Vollzeit verfolgen würden, wenn die Kinder größer werden […].[4]

Das Arbeits- und Familienleben steht bei vielen Eltern in Konflikt. In Deutschland geben Eltern mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als in anderen OECD Ländern an, dass Arbeits- und Familienleben miteinander nicht vereinbar sind. Demnach ist es nicht verwunderlich, dass die Zahl der Kinder in einer Familie in Deutschland einen stärkeren negativen Effekt auf die Erwerbstätigkeit der Frauen hat als in vielen anderen OECD Ländern. Außerdem bleiben Frauen in Deutschland mit deutlich größerer Wahrscheinlichkeit kinderlos als Frauen in anderen Ländern. 36% der Frauen im Alter von 25-49 Jahren waren im Jahr 2012 in Deutschland kinderlos, während es z.B. in Frankreich nur 28% waren. Zudem besteht in Deutschland ein großer Unterschied zwischen der präferierten und  der tatsächlichen Kinderlosigkeit. Nur 7% der Frauen geben an, dass Kinderlosigkeit ihr „Ideal" ist. Die Geburtenraten sind abhängig vom Bildungsstand sowie vom Beruf und Einkommen der Frauen. Frauen mit Hochschulabschluss haben mit geringerer Wahrscheinlichkeit Kinder. Gleiches gilt für erwerbstätige -  insbesondere vollzeiterwerbstätige - Frauen. „Frauen mit höherem Einkommen haben ebenfalls mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit ein Kind als Frauen mit niedrigeren Einkommen, da Frauen mit niedrigem Erwerbseinkommen oftmals mit einem männlichen Hauptverdiener zusammenleben.“[5]<Anmerkung: Soll es heißen, dass Frauen, die wenig verdienen sich im Vorfeld eher einen Mann als Hauptverdiener / Ernährer suchen um dann Kinder zu bekommen? Oder ist es eher so, dass sich die Tatsache, dass Frauen wenig verdienen und der Mann der Hauptverdiener ist, erst durch die Geburt eines Kindes ergeben?>

Auch wenn das Arbeits- und Familienleben bei vielen Eltern nach wie vor in Konflikt steht, kommen nach Einführung des Elterngeldes Mütter häufiger nach dem Ende des Elterngeldbezugs wieder an den Arbeitsplatz zurück. Insbesondere hochqualifizierte Mütter kehren in Vollzeit zurück. Im Zeitraum 2009 bis 2014 stieg der Anteil der Väter, die Elterngeld bezogen haben auf mehr als ein Drittel. An dieser Stelle hätte ich mir eine Statistik gewünscht; es bleibt hier leider nur bei der Aussage. Fazit der OECD ist hier, dass ein Großteil des vom Staat gezahlten Elterngeldes durch Steuermehreinnahmen ausgeglichen wird. „Schätzungen des Forschungsinstituts RWI lassen darauf schließen, dass selbst in den ersten Jahren nach der Einführung etwa 25% der zusätzlichen Kosten durch staatliche Mehreinnahmen bzw. Minderausgaben refinanziert wurden (Bechara et al., 2015)[6] <Anmerkung: 25% entsprechen nicht dem o.g. Großteil; mathematisch müsste es sich um eine Zahl >50% handeln und zudem stellt sich die Frage, warum es einen Unterschied zwischen den ersten Jahren und heute gibt. Weil die Zahl derer, die Elterngeld beziehen gestiegen ist oder weil sich die Rückkehrzeit verkürzt hat? Eine Erklärung wird hier leider nicht gegeben.>

„Seit Mitte der 2000er Jahre ist die Politik in Deutschland dazu übergegangen, eine partnerschaftlichere Aufteilung der Zeit für Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit zu fördern, und in diesem Sinne ist sie — vielleicht mit Ausnahme der nordischen Länder — den meisten OECD-Ländern voraus. Es gibt eine Reihe staatlich geförderter Initiativen, an denen verschiedene Akteure des privaten Sektors beteiligt sind, darunter Initiativen für einen stärkeren Austausch über empfehlenswerte Praktiken unter den beteiligten Akteuren und Evaluierungen familienfreundlicher Unternehmen. Zuletzt unterzeichneten verschiedene Akteure (einschließlich der Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften) 2015 das „Memorandum Familie und Arbeitswelt: Die NEUE Vereinbarkeit".“[7] <Anmerkung: Kein anderes OECD Land beteiligt so viele Akteure an dem politischen Familiengeschehen. Weil es kein anderes Land nötig hat oder weil es nicht gewünscht ist? Grundsätzlich finde ich finde es positiv, wenn viele Beteiligte gemeinsam an einem Strang ziehen. Inwieweit so jedoch mehr Kompromisse eingegangen werden müssen oder sich der Entscheidungszeitraum verlängert, wird hier nicht berücksichtigt.>

Als ein weiterer Schritt der Bundesregierung hin zur NEUEN Vereinbarkeit sowie zu einer partnerschaftlicheren Aufteilung der Familienarbeit ist insbesondere die Einführung des ElterngeldPlus zu nennen. Dieses „[…] kann als Schritt in Richtung eines Familienarbeitszeitmodells betrachtet werden, das darauf abzielt, Eltern junger Kinder zu unterstützen, die ihre beruflichen und familiären Pflichten partnerschaftlich aufteilen wollen. Ein Vorschlag für ein solches Modell (Müller et al., 2013) sieht Lohnergänzungsleistungen für die Dauer von drei Jahren für in einer Partnerschaft lebende Eltern vor, wenn beide Elternteile ihre Arbeitszeit verringern und vollzeitnah arbeiten. Im Durchschnitt würde dies kürzere Arbeitszeiten für die Väter und längere Arbeitszeiten für die Mütter bedeuten und hätte positive Folgen für das Einkommen und das Wohlergehen der Familien, die Zeit, die Väter mit ihren Kindern verbringen können, und die Laufbahn- und Gehaltsentwicklung der Frauen. Eine geringere berufliche Arbeitsbelastung könnte es den Vätern ermöglichen, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, wenn diese klein sind, und die Grundlage für ein stärkeres Engagement der Väter während des Heranwachsens der Kinder bereiten.“[8]

Zusammengefasst werden zum Schluss des ersten Kapitels folgende Politikempfehlungen gegeben:

  • Die Bemühungen fortzusetzen, mehr Väter zur Inanspruchnahme der Elternzeit zu ermutigen.
  • Auf der Grundlage der mit dem Elterngeld und dem ElterngeldPlus gesammelten Erfahrungen weitere familienpolitische Förderinstrumente zu entwickeln, einschließlich Möglichkeiten für Eltern junger Kinder, während eines bestimmten Zeitraums vollzeitnah zu arbeiten und eine begleitende finanzielle Unterstützung zu erhalten, wie dies derzeit in Deutschland im Rahmen des Konzepts einer „Familienarbeitszeit“ diskutiert wird.
  • Die Investitionen in Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder weiter zu erhöhen und den Zugang zu entsprechenden Einrichtungen auszuweiten.
  • Sowohl die Investitionen in außerschulische Betreuung für Kinder im Grundschulalter als auch der Zugang dazu müssen ausgeweitet werden.
  • Die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und anderen Akteuren weiter auszubauen, um das Berufsleben familienfreundlicher zu gestalten.
  • Die zuständigen Stellen in Deutschland sind aufgerufen, sich durch öffentliche Aufklärungskampagnen, Vorbildwerbung, öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen und andere Kommunikationsmittel weiter dafür einzusetzen, die Vorteile einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung in Familien im Bewusstsein zu verankern.

Im nächsten Kapitel lesen Sie „Partnerschaft, Familienstruktur und Arbeitsteilung: Deutschland im OECD-Vergleich“. Die Zusammenfassung des 2. Kapitels folgt noch in dieser Woche.

[1] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 20 
[2] Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Familien in Baden-Württemberg – Väter, 3/2014, S.3. Hier gaben ¾ der befragten Väter an, dass ihre reale Arbeitszeit über der Stundenzahl liegt, die ihrem Ideal entspricht. Die Zahlen wurden für BW erhoben; eine größere Abweichung zu anderen Bundesländern scheint mir unwahrscheinlich.
[3] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 24
[4] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 26
[5] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 31
[6] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 31
[7] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 33
[8] OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“, 2016, S. 33f.

 

Die OECD und der deutsche Weg zur Partnerschaftlichkeit

Für alle die keine Zeit und Muse haben, die 240 Seiten der jüngst veröffentlichten Studie der OECD „Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf“ zu lesen, aber dennoch mehr darüber erfahren wollen als in den kurzen und teilweise polarisierenden Kommentaren der Presse, habe ich mir die Mühe gemacht, die Kapitel der Studie zusammenzufassen.  Leider wimmelt die Studie von mehrfachen Dopplungen und auch unterschiedlichen Aussagen. Letztere werde ich in meiner Zusammenfassung kennzeichnen.

Im Anschluss an die Zusammenfassung des letzten Kapitels werde ich mein Fazit zur Studie sowie Empfehlungen an die Akteure zur Verfügung stellen.

Worum es geht:

Die Vereinbarung von Beruf und Familie ist für viele Beschäftigte in Deutschland nach wie vor schwierig. Die dafür vorherrschenden Gründe wurden im letzten Jahrzehnt von Politik und auch Wirtschaft genauer hinterfragt. Nicht wenige politische Maßnahmen wie z.B. die Einführung des Elterngeldes oder der Rechtsanspruch für einen Krippenplatz wurden eingeleitet um eine bessere Vereinbarkeit – und somit auch (so die Hoffnung) u.a. eine höhere Geburtenrate in Deutschland herbeizuführen. Aufhänger für die Einführung der Maßnahmen waren dabei „die frühere Rückkehr der Mütter nach der Geburt an den Arbeitsplatz“, „Frauenförderung“ und „der demographische Wandel“. Langsamkeit konnte man den politischen Akteuren bei diesem Thema nicht vorwerfen.

Auch an Marketingmaßnahmen, Studien und Veröffentlichungen wurde nicht gespart. Sieben Jahre nach Einführung des Elterngeldes lag die Geburtenrate mit 1,47 Kindern je Frau etwas höher als mit 1,4 Kindern je Frau in den Jahren zuvor. Doch immer noch unter dem Durchschnitt der OECD Länder mit 1,67 Kindern. Also nicht ausreichend genug für das „Bestandserhaltungsniveau“. <Anmerkung: Dieser Begriff klingt merkwürdig; wird jedoch u.a. auch beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung verwendet. Es entspricht dem Geburtenniveau, bei dem der Erhalt der Elterngeneration durch die Kindergeneration gesichert ist .   >Daher rückt seit einiger Zeit ein neuer Begriff in den Vordergrund, wenn es um die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht: Der Begriff der Partnerschaftlichkeit. Klingt für mich zunächst nach einer neuen Wortkreation und auch mein Rechtschreibprogramm kennt dieses Wort bisher nicht. Gemeint ist, dass die partnerschaftliche Aufgabenverteilung in Familie und Beruf gefördert werden soll. Ich weiß aus zahlreichen Beratungsgesprächen mit Eltern weiß, dass hier sehr oft der Schuh drückt und bin ich gespannt auf die Studie der OECD.

Da ich mich selbst Zeit meines Arbeitslebens mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie beschäftige, freue ich mich auf einen – wie ich hoffe - erweiterten oder gar neuen Blickwinkel auf das Thema. Ich lasse mich nicht von relativ klein beschriebenen DIN A4 Seiten abschrecken und beginne wissbegierig zu lesen. Zugegeben - irritiert bin ich, als ich im Vorwort lese, dass diese Studie vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bezuschusst wurde. Kann man da noch – ein halbes Jahr vor den Bundestagswahlen - auf eine objektive Studie hoffen? Ich lege diesen Gedanken zunächst beiseite und lese das Inhaltsverzeichnis genauer:

  1. Dare to share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf
  2. Partnerschaft, Familienstruktur und Arbeitsteilung: Deutschland im OECD-Vergleich
  3. Politikmaßnahmen zur Förderung der Partnerschaftlichkeit in Deutschland
  4. Verteilung von Erwerbsarbeit und Erwerbseinkommen in Paaren mit Kindern
  5. Aufteilung der unbezahlten Arbeit zwischen den Partnern
  6. Partnerschaftlichkeit und Geburtenverhalten in Deutschland und Frankreich

Sind Sie interessiert? Dann finden Sie die versprochene Zusammenfassung des ersten Kapitels hier am kommenden Montag.

„Alles zu meiner Zeit?!“

Wir waren im Februar bei der IHK Stuttgart zu Gast. Die Veranstaltung „Alles zu meiner Zeit?! Cancen und Herausforderungen einer individualisierten Personalpolitik“  drehte sich um die Frage, was eine individualisierte Personalpolitik konkret bedeutet, und welche Chancen und Herausforderungen sie für das Unternehmen und die Belegschaft mit sich bringt. Die Erkenntnisse, die von Frau Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig mit dem „Memorandum Familie und Arbeitswelt – Die NEUE Vereinbarkeit“ veröffentlicht wurden und deren Auswirkung auf die betriebliche Praxis sowie die immer stärker werdende Individualisierung von Lebensentwürfen standen hierbei im Vordergrund.
Neben der Vorstellung der als Explorationsstudie angelegten Befragung „Vereinbarkeit 2020“ fand eine Diskussionsrunde mit Unternehmensvertretern statt.

In der anschließenden Bearbeitung der Themeninseln

  • Vereinbarkeit für alle:Wie lässt sich eine Balance zwischen individuellen Ansprüchen im Team herstellen?
  • Die NEUE Vereinbarkeit im Unternehmen: Was unterstützt Väter?
  • Individuelle Vereinbarkeit gestalten: Wie kann die Digitalisierung dazu beitragen?
  • Vielfalt der Lebensentwürfe berücksichtigen: Wie verändert sich Führung?
  • Neue Entwicklungswege gehen: Wie sehen „Karrieren“ in einer individualisierten Arbeitswelt aus?

konnten wir unsere Expertise einbringen und gleichzeitig Anregungen von anwesenden KMU-Vertretern mitnehmen, die wir in die Ausbildung der Elternguides einfliessen lassen.